Begleiten und da sein
Hussam Khoder
Ambulanter Lazarus Hospizdienst
„In der islamischen Gemeinde, in der ich engagiert bin, hang vor vielen Jahren ein Schreiben vom Hospiz, in dem nach Ehrenamtlichen für die Hospizarbeit gesucht wurde. Da bin ich öfter dran vorbeigelaufen ohne es zu lesen. Beim dritten Mal bin ich stehen geblieben und habe es mir durchgelesen. Mit unserem Imam habe ich darüber gesprochen und dann beschlossen, den Kurs zu machen.
Schon allein der sechsmonatige Kurs hat mir sehr viel gegeben. Man bekommt dort den Umgang mit Sterbenden beigebracht, lernt sich selbst zu reflektieren, sich auf schwierige Situationen vorzubereiten. Erst danach beginnt die richtige Begleitung.
Für den Hospizdienst begleite ich Menschen, die im Endstadium ihres Lebens sind. Begleiten heißt, dass ich gucke, wie ich ihnen noch helfen kann.
Einige haben noch bestimmte Wünsche, manchmal wollen sie noch ein bisschen rausgehen oder reden. Andere können gar nicht mehr viel reden. Dann müssen wir über nonverbale Kommunikation miteinander auskommen, die Hand halten und einfach da sein. Für manche ist es wichtig, noch ein paar Angelegenheiten zu regeln – zum Beispiel die Bestattung oder dass bestimmte Leute informiert werden. Und dann gibt es noch die Menschen, die versuchen wollen, den Kontakt zu Familienmitgliedern herzustellen, mit denen sie zerstritten waren.
Natürlich nimmt einen die Arbeit oft auch sehr mit. Einige Begleitungen sind besonders schwer. Da war zum Beispiel ein junger Mann aus Lybien, der die Flucht in einem Schlauchboot auf sich genommen hat, um hier wegen seiner Krebserkrankung therapiert zu werden. Er war noch voller Hoffnung, dabei war der Krebs schon im Endstadium.
Man nimmt viel mit nach Hause, was einen beschäftigt. Dafür gibt es ja dann Supervisionen und die Koordinator*innen sind auch immer für uns da. Aber letztendlich, nimmt man auch viel Positives mit aus den Begleitungen. Mein Ehrenamt ist eine Sache, die mich extrem erdet. Mein Alltag ist sehr stressig. Wenn ich dann zu den Sterbenden komme, kann ich dort auch zur Ruhe kommen.
Viele Menschen sind einsam und dann auch beim Sterben alleine. Ich würde mir wünschen, dass Familien wieder enger zusammenhalten, füreinander da sind. Man ist einfach froh, wenn jemand da ist zum Schluss – und wenn es nur jemand ist, der einem ein paar Geschichten erzählen kann aus dem Alltag. Mehr braucht es ja oft nicht.“